Zu unserer Europakonferenz in der Dreischluchtenhalle in Löffingen durften wir neben unserem Europaabgeordneten René Repasi auch unsere Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter und unseren Ehrenvorsitzenden Jürgen Meyer begrüßen. Im Zentrum stand natürlich die Europapolitik und die Wahlen zum Europaparlament im nächsten Jahr, aber auch die Wahl der Delegierten für die Landesvertreter:innenversammlung Europa der SPD Baden-Württemberg am 21. Oktober 2023.
Als Gastredner ging Renè Repasi auf sein erstes, gutes Jahr als MdEP ein. Am 2.2.2022 trat er die Nachfolge unserer langjährigen Abgeordneten Evelyne Gebhardt an, die sich in den wohlverdienten Ruhestand zurückzog. Sein erstes Jahr in Straßburg fühlt sich gar nicht wie ein Jahr an, eher wie ein Jahrzehnt, so umfangreich seien die Themen gewesen. Man merkte es seiner nachfolgenden Rede an. Als Einstieg wählte er die historische Erklärung von Robert Schuman zur Neukonstruktion von Europa, die sich erst letztes Wochenende zum 73. Mal jährte. Nach außen ging es rein um die Montanunion. Tatsächlich war das nach Schumans Willen nur das Werkzeug, um nach und nach zu einer Europäischen Föderation zu kommen. Das gelang, wenn es auch länger dauerte, als Schumann wollte.
Den Zustand dieser Union skizzierte Repasi anhand der zurückliegenden Pandemie. „Europa war immer am stärksten, wenn es zusammengearbeitet hat und am schwächsten, wenn man in Kleinstaaterei verfiel“. Die dunkelste Stunde der Pandemie war die Weigerung vieler Länder, den Italienern, die gleich zu Beginn am stärksten betroffen waren, vorhandene Beatmungsgeräte zur Verfügung zu stellen. Die hellsten Stunden erlebten wir beim gemeinsamen solidarischen Einkauf der Impfstoffe und der Verteilung von Patienten über Europa hinweg, um Kapazitätsengpässe in Krankenhäusern auszugleichen. Schotten dicht und Grenzen hoch hat nicht geholfen. Das Virus hat sich über ganz Europa ausgeweitet.
Ähnliches gilt jetzt für unsere größte Herausforderung - die Klimakatastrophe. Auch hier muss jedes Mitgliedsland sein Päckchen tragen. Bei uns betrifft das die Automobilindustrie. Bislang meint aber jedes Land, dass das gerade so gar noch nicht passt mit der eigenen Last und das mal die anderen loslegen sollten. Repasi ist sich aber sicher, dass sich die EU zusammenraufen wird. Die Aufgabe der Sozialdemokratie ist dabei der soziale Ausgleich. Den Autokonzernen macht die Umstellung auf den Elektroantrieb keine Probleme - den derzeitigen Zulieferern für den Verbrennungsmotor schon. Da ist die SPD gefragt.
Gleiches gilt für die Globalisierung, durch die sich die Weltkonzerne entgrenzt haben und Gewinne so lange über den Globus verschieben, dass sie keinerlei Steuern mehr zahlen und sich jeglichen staatlichen Kontrollen weitgehend entziehen. Die Zeche zahlen die Menschen, denn staatliche Macht beschränkt sich auf Staatsgebiete. Europa hat hier den Binnenmarkt, den größten und reichsten Markt der Welt. Diesen Markt wollen alle bedienen und das ist das Druckmittel. Repasi plädiert deshalb für ein strenges Lieferkettengesetz, das soziale und ökologische Standards setzt und durchsetzt.
Sein dritter Punkt ist die Sicherheitspolitik. Wir müssen uns schon fragen, ob wir mit 27 einzelnen Armeen wirklich schlagkräftig sind. Mehr Gemeinsamkeit ist angesagt und funktioniert. Putin hat nicht damit gerechnet, dass die EU binnen Wochenfrist wirkungsvolle Sanktionen erlassen hat.
Repasis Fazit: Die EU ist schlagkräftig und kann Zusammenhalt. Sie bearbeitet hochpolitische und sehr komplexe Fragen, die auf Bundes- oder Länderebene nicht zu stemmen wären. Deshalb seine Bitte an die Delegierten und die Gäste in Löffingen:
Geht im Wahlkampf hinaus zu den Wählerinnen und Wählern und sagt ihnen, dass diese Wahl wichtig ist, weil es viel zu entscheiden gibt. Weil es einen Unterschied macht, ob das Europäische Parlament von einer progressiven Mehrheit angeführt wird, die gestalten will und damit auch auf den sozialen Ausgleich achtet, oder von Konservativen, die vor Problemen in eine Art Schockstarre verfallen und einfach darauf warten, dass das schon wieder vorbei geht.
In der wie immer sehr engagierten Diskussion nach Repasis Rede ging es dann um viele weitere Themen in der EU, die Repasi ohne jegliche populistische Schenkelklopfer beantwortete. So zum Beispiel bei der Frage eines Initiativrechts für das Parlament, das ja eigentlich eines der ureigensten Rechte eines Parlaments ist. Das wäre eine Abwägungsfrage, denn erstens bringt das Parlament schon jetzt über eigene Initiativen viele Themen auf die Tagesordnung und zweitens müsste es dann ein solches Recht auch für den Europarat – die Vertretung der Landesregierungen – geben, der oft genug das in und durch die EU Erarbeitete eher wieder rückabwickeln möchte.
Im Anschluss an die Debatte stand die Wahl der drei Delegierten zur Landesvertreter:innenversammlung Europa der SPD Baden-Württemberg auf dem Programm. Gewählt wurden Birte Könnecke, Tanja Kühnel und Oswald Prucker. Ersatzdelegierte sind Philip Wolf und Hartmut Hitschler.
Unser Dank geht schließlich noch an den Ortsverein Hochschwarzwald, der uns mit vielen fleißigen Helfer:innen ganz hervorragend versorgt hat.
Oswald Prucker