Stellungnahme der SPD-Kreistagsfraktion zu den Jahresabschlüssen 2019 des Landkreises Lörrach und seinen Beteiligungen

Veröffentlicht am 23.07.2020 in Kreistagsfraktion

Sehr geehrte Frau Landrätin,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren!

Ich möchte mich angesichts der drei Vorredner und der besonderen aktuellen Finanzlage in 2020, die an dieser Stelle weniger eine retrospektive, sondern eine perspektivische Bewertung der Finanzlage des Kreises erfordert, kurzfassen. Die Verwaltung bezeichnet das Haushaltsjahr 2019 aufgrund eines negativen Gesamtergebnisses von 684.658,40 Euro durchwachsen - etwas ungewohnt im Vergleich zu den Vorjahren. Das ordentliche Ergebnis beträgt -1.269.750.210 Euro. Ursächlich dafür verzeichnet der Bericht einen höheren Zuschussbedarf bei den Transferleistungen der Sozial- und Jugendhilfe von rund 4,89 Mio. Euro.

Im Eingliederungshilferecht haben wir in den letzten Jahren gewaltige Steigerungsraten:

2016 verzeichneten wir einen Betrag von 31.782.800 Euro, der 2018 auf 37.720.000 Euro und 2019 auf 40.863.800 Euro anstieg oder in den Veränderungsraten binnen von vier Jahren einen Anstieg um 22,8 % oder im Vorjahr 2018 eine Zunahme um 7,8 %. Weitere Beispiele ließen sich anführen. 

Die SPD hat sich immer zu den Verpflichtungen mit der Sozial- und Jugendhilfe bekannt. Aus unserer Sicht verbietet es sich aus ethischen, sozialen und auch aus geschichtlichen Gründen, die notwendige Fürsorge für benachteiligte Bürgerinnen und Bürger infrage zu stellen. 

Diskutieren und infrage stellen hingegen möchten wir den Aufbau des Finanzierungsgeflechtes für zusätzliche soziale Verantwortung für die benachteiligten Menschengruppen. Wir sehen eine deutlich gesteigerte Mitverantwortung bei den neuen Anforderungen in der Teilhabe von Bund und Land und in der damit geänderten Finanzstruktur der Einnahmeplanung des Landkreises. Fast schon gebetsmühlenartig verkünden Kreiskämmerer immer wieder die anzustrebende Beitragshöhengleichheit von Sozialkosten und Kreisumlage. Eine fatale Kopplung! Es wird damit suggeriert, dass für Leistungssteigerungen schlussendlich die Städte und Gemeinden die Verantwortung tragen, obschon sie soziale Verpflichtungen übernehmen und darüber hinaus diese zielstrebig und bürgernah umsetzen. Die staatlich verfügten sozialen Verbesserungen, die wir für richtig halten, erfordern eine strikte Beachtung des Konnexitätsprinzips, anstelle die Städte und Gemeinden am Ende der Finanzierungskette in die Pflicht zu nehmen, ihre Räder an den Stellschrauben von Steuererhöhungen zu drehen. Eine Reform der Finanzaufteilung erscheint dringend vonnöten, damit Landkreise nicht nur allein auf das FAG und auf die ohnehin schwer beeinflussbare Grunderwerbssteuer schielen und somit ihren Kostendruck ausschließlich auf die Kommunen verlagern. Mehr direkte Steuerzuweisungen wären eine Möglichkeit einer stärkeren Eigenverantwortung in einer geprägten Finanzplanung der Landkreise. 

Zweitens kann man beim vorgelegten Jahresabschluss konstatieren, dass der Vollzug der Teilhaushalte in etwa nach Plan erfolgt ist. Planabweichungen gemäß Rechenschaftsbericht sind nach unserer Auffassung in einem ordentlichen Verhältnis. Eine gute Haushaltsdisziplin, gutes Controlling und Reporting haben sich bewährt. In 2019 gab es noch eine Personalkostensteigerung von 3,8 %; in Anbetracht der aktuellen Zahlen werden wir diese Stellschraube künftig nutzen müssen. 

Drittens gibt der Jahresabschluss zu erkennen, dass die Digitalisierung des Landratsamtes Spuren hinterlässt. Der betreffende Steuerungskreis hat durch eine Standardausstattung ein mobiles Arbeiten ermöglicht. Ein Scan-Zentrum zur Digitalisierung der Bestandsakten, der Einführung einer E-Personalakte, weitere Online-Service für Bürgerinnen und Bürger und die Einführung der digitalen Baugenehmigungsplattform werden als Neuerungen genannt. Künftig würden wir uns wünschen, den Finanzmitteleinsatz bezüglich IT zu differenzieren und auch Möglichkeiten anzubieten, die mittels Digitalisierung erzielten Veränderungspotentiale zu bewerten. Gleichzeitig bitten wir die Verwaltung darum, ein geändertes Raumkonzept auch für die Kernverwaltung unter Berücksichtigung der Synergien der Digitalisierung zu entwickeln. 

Viertens bleiben die finanziellen Aussichten des Landkreises. Die wirtschaftliche Lage wird „weiterhin als solide betrachtet“. Dies klingt gut, aber unabhängig von der Corona-Pandemie sind aus unserer Sicht einzelnen Risiken zukünftig verstärkt zu betrachten: 

  • Im Bericht lässt sich eine Zunahme der Kreisschulden festhalten, auch wenn dies überwiegend zur Aufnahme von Kassenkrediten zurückzuführen ist. 
  • Weiterhin ist der Bestand der Zahlungsmittel rückgängig.
  • Die hohe Summe von Ermächtigungsübertragungen von 19.051.200 Euro zeigt von einem gewaltigen Investitionsvolumen des Kreises. Im Investitionsbereich ergibt sich anstatt des veranschlagten Zahlungsmittelbetrages von rund 26 Mio. Euro ein Saldo von 14.724.198 Euro. Dies mag als Beleg dafür dienen, dass doch einige der vorgesehenen Maßnahmen nicht in die Umsetzung gelangten. 

Die sich verändernde Finanzsituation zeigt sich auch durch die verstärkte Nutzung von Eigenmitteln in Höhe von 14,7 Mio. Euro für die 2019 anstehenden Investitionsmittel. Die Prognose für die Folgejahre macht deutlich, dass die bereinigten liquiden Eigenmittel auf die Summe der Mindestliquidität sinken wird. Wir betrachten deswegen neue oder nicht begonnene Vorhaben ausgesprochen kritisch, zumal auch künftig die Ermächtigungsübertragungen auf den Investitionshaushalt, wie in den bisherigen Jahren aufgrund der geänderten Finanzlage kaum möglich sein werden. Positiv bewerten wir den Vermögensabgang nicht mehr benötigter Gemeinschaftsunterkünfte und weitere Gegenstände, die insgesamt zu einer niedrigen Abschreibungssumme in 2019 in Höhe von 3.928.149,66 Euro (anstelle 5.535.190,70 Euro) darstellen. In diesem Zusammenhang müssen wir auch mittelfristig die Zukunft des erworbenen Gebäudekomplexes „Entenbad“ bewerten. 

Aus diesen wenigen genannten Fakten ergibt sich ein eindeutiges Erfordernis einer Revision unserer Ausgabenpolitik mit Konzentration auf die Projekte, die bereits begonnen wurden oder in ihrer Wirkung einen außergewöhnlichen Nachhaltigkeitseffekt aufweisen. 

Beim Eigenbetrieb Abfallwirtschaft verzeichnen wir eine Kostenunterdeckung in Höhe von 1.218.151,51 Euro, die um knapp 812.000 Euro niedriger als im Plan liegt. Ursächlich dafür sind aus unserer Sicht die über Planansatz liegenden Erträge in Höhe von 26.112.449,99 Euro, immerhin eine Steigerung von 650.000 Euro. Bemerkenswert ist auch der Abbau der Verbindlichkeiten um 582.096,75 Euro auf 3.153.934,58 Euro. Insgesamt kann bei den Eigenbetrieben ein solider Kurs festgestellt werden. 

Bei den Eigenbetrieben Heime ergibt sich ein Jahresverlust in Höhe von 264.728,51 Euro, der sich im Wesentlichen durch zusätzliche Personalaufwendungen und zusätzliche Sachkosten im Zuge der Dezentralisierungen des Markus-Pflüger-Heims ergibt. Der Verlust ist in Anbetracht der Bilanzsumme von 26.481.000 Euro noch verträglich. Allerdings darf bei den Personalkosten keine Entspannung wegen der Grenznähe und ggf. höherer Tarifabschlüsse erwartet werden. Insofern müssen wir die weitere Entwicklung im Auge behalten. 

Insgesamt sind die uns vorgelegten Unterlagen solide und ausführlich erarbeitet worden. Hierfür gilt mein ausgesprochener Dank an die Verantwortlichen. Die SPD wird den Jahresabschlüssen für den Kernhaushalt und seiner Eigenbetriebe zustimmen. 

Gez. Klaus Eberhardt

Fraktionsvorsitzender

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