Haushaltsrede 2023 unserer Kreistagsfraktion

Veröffentlicht am 23.12.2022 in Kreistagsfraktion

Berthold Kammerer

Für die SPD-Kreistagsfraktion Rottweil hat Fraktionsvorsitzender Berthold Kammerer am Montag, 19. Dezember 2022, die Haushaltsrede gehalten. Hier die Rede im Original:

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Michel

verehrte Kolleginnen und Kollegen

des Kreistags,

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

wo stehen wir an der Schwelle des Jahres 2023 im Landkreis Rottweil und was sind besondere Herausforderungen für das nächste Jahr. Diese Fragen stehen heute im Mittelpunkt und wir sollten uns damit auseinandersetzen.

 

Dabei kann und will ich die Fragen nur kursorisch anreißen. Mehr würde diesen Rahmen einfach sprengen.

 

Wo stehen wir als Stichworte:

  • Corona-Pandemie
  • Klimawandel
  • Ukrainekrieg
  • Energiekrise
  • Inflation

speziell im Landkreis:

  • ÖPNV
  • Wohnen und Flüchtlinge
  • LRA-Neubau
  • Breitbandversorgung
  • Verkehrswege
  • Freiwilligkeitsleistungen
  • Bürgergeld und Wohngeld

zum Schluss:

         Kreisumlage als wesentlicher Finanzierungsbaustein

Corona-Pandemie:

Die Corona-Viren sind noch nicht alle verschwunden. Gleichwohl ist wohl das Gröbste überwunden. So kann heute der Kreistag nach langer Zeit wieder im Sitzungssaal tagen. Zu der Besserung haben viele an vielen Stellen durch ihren Einsatz beigetragen. Erwähnen möchte ich hier nur beispielhaft die Ärzte und das Pflegepersonal unserer Krankenhäuser, in den Praxen und Heimen. Sie haben teilweise Übermenschliches geleistet und verdienen daher unseren großen Dank. Aber auch die Kreisverwaltung, und hier insbesondere dass Gesundheitsamt, ist  an die Grenze gegangen. Sie hat zur Überwindung von Corona sehr gute Arbeit geleistet  und dafür möchten wir uns ausdrücklich bedanken

 

Klimawandel:

Die allermeisten Fachleute sagen uns, dass der Kampf gegen den Klimawandel deutlich verstärkt und vorallem schneller wirksam werden muss. Dabei geht es um die Erderwärmung ebenso wie um den Erhalt der Artenvielfalt. Wir können als kleiner Landkreis hier nur einen ganz kleinen Beitrag leisten. Aber wir sollten, nein wir müssen alle Anstrengungen die in unserer Macht stehen,  unternehmen, um ein ganz kleines Mosaiksteinchen zum großen Ganzen beizutragen.

 

Der Landkreis ist hier einerseits teilweise vorbildlich unterwegs. Andererseits liegen noch viele und größere Aufgaben vor uns  denen wir uns stellen müssen. Vorbildlich sind die Bemühungen im Rahmen des European Energie-Awards und konkret der vor wenigen Wochen erreichte Gold-Standard. Hierzu unsere Gratulation.

 

Nun was liegt nun konkret an. Ich denke in erster Linie geht es jetzt um die Umsetzung der Klimagesetze von Bund und Land. Wichtigster Punkt ist dabei der Ausbau der erneuerbaren Energie zum Verzicht auf fossile Energieträger. Also hauptsächlich Fotovoltaik und Windkraft. Hier muss noch mehr Geschwindigkeit rein. Das gilt für Inverstitionen ebenso wie für schnellere Genehmigungsverfahren.

 

Es bedeutet aber auch, dass der Landkreis selber als Vorbild sich noch steigern kann. So wollen wir, dass der Landkreis im Jahr 2023 weitere PV-Anlagen auf seinen Gebäude realisiert. Der Bericht der Kreisverwaltung auf den gemeinsamen Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD hat ja im Juli 22 ergeben, dass hier noch deutliches Potential vorhanden ist. So wurden die Dachflächen von 4 Gebäuden teilweise als sehr gut geeignet für weitere Photovoltaiknutzung eingestuft. Die SPD-Fraktion möchte, gemeinsam mit den Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, dass diese Projekte jetzt konkret untersucht und in 2023 möglichst umgesetzt werden. Ich darf dazu auf einen gemeinsamen Antrag der beiden Fraktionen verweisen. Schätzungsweise werden dazu zusätzliche Investitionen von € 150000 €. Dieses Kapital kann aber ggf. auch von Privaten oder Bürgergenossenschaften aufgebracht werden. Es ist uns wichtig, dass die Kreisverwaltung in 2023 hier aktiv wird und das schlummernde Potential hebt.

Ein ganz wichtiger Punkt zum Thema ökologisches Bauen wird das neue Landratsamt sein. Hier sollte der Landkreis seine Vorbildfunktion nutzen und alles, was möglich und wirtschaftlich vertretbar ist auch realisieren.

 

Ukrainekrieg:

Vor einem Jahr war es für uns noch nicht vorstellbar, dass im Europa des 21. Jahrhunderts ein großes Land mit imperialistischem Gehabe einen Nachbarn überfällt. Ich will jetzt nicht von der Zeitenwende und militärischen Fragen, Waffenlieferungen oder wirtschaftlichen Sanktionen reden sondern den Blick auf den humanitären Aspekt nämlich die Flüchtlinge vor dem Krieg richten. Hier ist auch im Landkreis Rottweil zweifellos in 2022 großes geleistet worden durch zahlreiche private Hilfen ebenso wie durch das Engagement des Landkreises und der Gemeinden. Gleichwohl stehen wir jetzt wieder vor der Frage der Belegung von Sporthallen, weil die sonstigen Kapazitäten erschöpft sind. Dies sollten wir aber so nicht dauerhaft hinnehmen. Wir sollten uns vielmehr bemühen kurzfristig weitere andere Räume zu finden und für Notunterkünfte auszustatten. Möglich sein dürfte dies ggf. noch in leerstehenden Industrie- oder Gewerbegebäuden. Mittel- und längerfristig brauchen wir aber deutlich mehr und zwar bezahlbaren Wohnraum.

 

Und hier denken wir ist der Landkreis auch gefordert, gemeinsam mit Gemeinden und Verbänden Initiativen zu entwickeln, wie weiterer Wohnraum zu bezahlbaren Mieten geschaffen werden kann. Eine neue Umfrage von vergangener Woche hat zum Beispiel gezeigt, dass ca. 1/3 der in 2022 in Deutschland untergekommenen 1 Million Flüchtlinge allein aus der Ukraine sich vorstellen kann, hier in Deutschland zu bleiben. Das ist nicht unser Ziel. Die Menschen sollen wieder zurück, um ihr zerstörtes und geschundenes Land nach dem Krieg wieder aufzubauen. Aber realistisch wird eine nicht unbeträchtliche Zahl hierbleiben und Wohnraum brauchen. Soweit sie integrationswillig und Fachkräfte sind oder werden können sie dann auch zu unserem Wohlstand beitragen. Ich will´s konkret machen Herr Landrat. Wenn Sie mehr Mittel für die Schaffung von Unterkünften und Wohnraum benötigen werden wir Sie dabei unterstützen.

 

Energiekrise:

 

Nicht nur, aber überwiegend eine Folge des Ukrainekrieges. Wir spüren sie alle, nicht nur an Raumtemperaturen oder Prozesswärme. Ganz besonders aber am Geldbeutel, weil sie das knappe Gut Energie stark verteuert und die Inflation in ungeahnte Höhen treibt. Sie trägt aber auch, wenn auch unfreiwillig, zur Transformation auf andere Energien bei. Das heißt sie ist auch eine Chance im Kampf gegen den Klimawandel. Diese sollten wir nutzen, weil in den Köpfen vieler Menschen angekommen ist, dass wir schneller und besser werden müssen beim Einsatz regenerativen Energien.

 

Inflation:

 

Eine seit Jahrzehnten nicht mehr gekannte Inflation von ca. 10 % ist ein erhebliches Risiko für den Haushalt 2023. Betroffen sind alle Ausgaben insbesondere aber die Baugewerke und die Personalkosten. Die Einnahmen dagegen dürften eher stagnieren. Vor diesem Hintergrund sehen wir die Finanzierungsgrundlage des Haushalts 2023 eher skeptisch. Daher haben wir auch im Verwaltungsausschuss beantragt, die Kreisumlage auf die von Ihnen Herr Landrat im November eingebrachten 25,5 v. H. Festzusetzen. Die Mehrheit hier hat das anderes gesehen und wieder hauptsächlich die Haushalte der überwiegend finanziell gut ausgestatteten Gemeinden im Blick.  Wir hoffen nicht, dass sich das rächt, denken aber, dass die Aufgabenerfüllung beim Landkreis genauso wichtig ist wie die der Kreisgemeinden.

 

Nun noch ein paar ganz konkrete Anliegen:

 

ÖPNV:

 

Mit dem neuen Verkehrsverbund Schwarzwald-Baar-Heuberg ab 2023 sind wir einen wichtigen Schritt vorangekommen. Regionsweite Tarife, die Reduzierung der Tarifzonen und deutlich niedrigere Fahrpreise machen das Fahren mit Bussen und Bahnen einfacher und attraktiver. Dies ist richtig, weil wir nur so, den einen oder anderen zum Umstieg vom Pkw für den ÖPNV gewinnen können. Es kostet aber, wie wir ja heute schon gesehen haben, den Landkreis auch deutlich mehr Geld. Genau sagen, wieviel die finanzielle Besitzstandswahrung der Busunternehmen den Landkreis kosten wird, kann uns niemand. Auch hier ein Haushaltsrisiko. 

 

Landratsamtsgebäude:

 

Die Planung schreitet voran und wir sollten schauen, dass wir das Projekt bald umsetzen können. Neben der Schaffung besserer Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter und kundenfreundlicher Bürgerkontakte ist uns insbesondere eine ökologische Bauweise wichtig. Die beschlossene Heizungsart ist ein guter Schritt dazu. Möglichst viel Photovoltaiknutzung zum Eigenverbrauch ist uns auch sehr wichtig. Dabei unterstellen wir, dass das Landratsamt keine Sommerferien macht und so die ertragreichste Zeit zu einem möglichst hohen Eigenverbrauch nutzen kann. 

 

Ein kritisches Wort möchten wir aber auch heute zum vorgesehenen neuen Parkhaus anbringen. Wir halten dies für eine den Klimaschutzzielen zuwiderlaufende Förderung des Individualverkehrs. Der Klimaschutz erfordert auch die Rahmenbedingungen für den Verkehr zu verändern. Das heißt: Nicht nur ÖPNV-Förderung und beispielsweise Radwegebau sondern auch Abbau der Bevorzugungen des PKW-Verkehrs. Das ist vielfach noch unbeliebt, zumal im ländlichen Raum. Aber es ist notwendig, wenn wir unseren Enkeln noch eine lebenswerte Welt hinterlassen wollen. Hinzu kommt, dass wir in diesem konkreten Fall keinen unmittelbaren Bedarf sehen. In der jederzeit zumutbaren Nähe bei der Stadthalle stehen Parkplätze ebenso zur Verfügung wie im geplanten Parkhaus der Stadt Rottweil auf der Groß`schen Wiese. Auch die Parkplätze unmittelbar hinterm Haus haben noch freie Kapazität. Daneben können und sollen die Jobtickets des Landratsamts noch den einen oder anderen Mitarbeiter zum Umstieg auf den ÖPNV animieren.

 

Breitbandversorgung und Verkehrswege:

Beim Breitband liegt der Landkreis in guter Position und wir sollten den kleinen Vorsprung nutzen, um weiteren Teilen der Bevölkerung das Anschlussangebot an das schnelle Internet zu machen. Das heißt: Sobald das neue Förderprogram 2023 aufgeht, den Förderantrag auf den Weg bringen.

Bei den Straßen steigt der Aufwand durch klimabedingte Rutschungen erheblich. Deshalb wird der Unterhalt dieser Bauwerke uns auch künftig kräftig fordern. Bei den Radwegen freuen wir uns insbesondere über die in 2023 vorgesehene Fertigstellung Sulgen-Mariazell.

 

Freiwilligkeitsleistungen:

Die 10-prozentige Anhebung findet unsere uneingeschränkte Zustimmung. Sie ermöglicht auch künftig die ehrenamtliche Aufgabenerfüllung auf unterschiedlichsten Gebieten und ist Nachweis auch über Förderung des Ehrenamts und steht dem Landkreis gut zu Gesicht.

 

Bürgergeld und Wohngeld:

Die Weiterentwicklung von Hartz IV zum Bürgergeld und die Ausweitung des Personenkreises für das Wohngeld sind wichtige soziale Maßnahmen der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien aus SPD, FDP und Grünen. Sie werden auf der Kreisebene aber zumindest in der Übergangszeit einen erheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand verursachen. Für die bedürftigen Teile der Bevölkerung stellt sie aber eine Verbesserung und Hilfe dar. Sie hat deshalb unsere uneingeschränkte Unterstützung.

 

Kreisumlage:

Aufgrund der genannten Risiken halten wir eine Kreisumlage von 25,5 v. H. Für angemessen und gegenüber den Gemeinden für zumutbar. Die SPD-Fraktion beantragt deshalb die Kreisumlage auf 25,5 v. H. Festzusetzen.

 

Vielen Dank.

Homepage SPD-Kreisverband Rottweil

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